Produktinformation
- Amazon-Verkaufsrang: #677693 in Bücher
- Veröffentlicht am: 1998-10-01
- Einband: Gebundene Ausgabe
- 809 Seiten
Kundenrezensionen
Hilfreichste Kundenrezensionen
109 von 111 Kunden fanden die folgende Rezension hilfreich.
Gottvertrauen ist ansteckend
Von Bjrn
Bei diesem Buch handelt es sich um eine Auswahl der Briefe, die Dietrich Bonhoeffer im Laufe seiner Haft zumeist in Tegel an seine Eltern und seinen engen Freund Eberhard Bethge geschrieben hat.Hatte ich schon früher Literatur über Bonhoeffer in der Hand, so konnte ich nicht recht Feuer fangen. Als ich diese Briefsammlung jedoch geschenkt bekam, hat sich meine Haltung grundlegend geändert. Die Literatur von wenigen Zeilen reichte aus um mich zu elektrisieren. Ich spürte gleich: dieser Mensch muß einen ganz klaren Draht zu "den guten Mächten" gehabt haben, er war gewissermaßen an ein höheres Bewußtsein angedockt. Ein Bewußtsein, welches ihm tiefes Vertrauen in einen höheren Sinn gab, an höhere, göttliche Fügung.Und doch war es ihm so wichtig zu betonen, daß Nachfolge Jesu' bedeutet, im Hier und Jetzt, in der Nächstenliebe zu den Menschen, lebendiges Christentum zu verwirklichen. Gott ist für Bonhoeffer kein Gott,der gewisse Lücken ausfüllt, der erst dort anfängt, wo die Kräfte und das Begreifen des Menschen aufhören - nein, "mitten unter uns ist Gott jenseitig". Neben wirklich spannenden und verständlichen theologischen Gedanken und bewegenden Betrachtungen über das menschliche Leben und seinen Freuden, Sehnsüchte und Verirrungen beeindruckt dies Buch aber genauso durch die Menschlichkeit des Dietrich Bonhoeffer.Der Leser nimmt Anteil an dem Leben eines Menschen, der so sehr von der Liebe bewegt wurde, dass er konsequent seinen Weg bis zum Ende gehen konnte, ohne faule Kompromisse eizugehen - wobei er vielen Mitgefangenen ein Fels in der Brandung sein konnte und unzähligen Menschen nach ihm. Gottvertrauen ist ansteckend.Ich denke, das können wir auch heute so sehr brauchen : Vertrauen und dabei selber mit vollem Herzen an einer besseren Welt mitarbeiten. Und dabei zu lernen, zwischen dem beherzten Widerstand gegen Ungerechtigkeit und Lieblosigkeit und der Ergebung in den höheren Plan zu differenzieren. Dazu sollten wir achtsamer und sensibler werden, denn schnell geraten wir in ein Fahrwasser der menschlichen Schwäche, der Ängste, der Oberflächlichkeit - sie sieht Bonnhoeffer als eine wesentlich größere Gefahr an,als die Bosheit. Ein sehr motivierendes und bewegendes Buch von großer Aktualität - auch für Menschen, die mit dem heutigen Christentum recht kritisch gegenüber stehen.
8 von 8 Kunden fanden die folgende Rezension hilfreich.
Es geht um Wichtigeres als um Selbsterkenntnis
Von Mag Sarah Krampl
Dietrich Bonhoeffer wurde 1943 für fast zwei Jahren aus eigentlich banalem Grund ' mit Verdacht auf Regime-widerstand, ohne dass das Militär konkretes Beweismaterial vorweisen hätte können, in Berlin-Tegel inhaftiert. Die letzten Tage verbrachte er im KZ Flössenbürg zwischen Nürnberg und Prag und wurde dort am 9. April 1945 gehängt. In seiner Zelle nutzte Bonhoeffer fast seine gesamte Zeit, um zu lesen und Briefe schreiben, so dass in diesem Buch die Briefe enthalten sind, die er seinen Verwandten und hauptsächlich einem guten Freund zukommen ließ. Er verlangte von seinen Verwandten auch immer wieder bestimmte Bücher, hauptsächlich literarischen, philosophischen, geschichtlichen und religiösen Inhalts und setzte sich bis zum Schluss mit religiös- philosophischen und das Heil des Menschen betreffende Fragen auseinander.Indirekt behandelt Bonhoeffer unter anderem die Frage, wie es während dem Zweiten Weltkrieg geschehen konnte, dass sich so viele Menschen für das Böse entschieden. Es hat etwas mit Dummheit zu tun: Der Dumme ist für Bonhoeffer eigentlich nichts anderes als ein von höheren Mächten missbrauchtes Wesen, das zu allem Bösen fähig ist, weil es sich selbst nicht besitzt, weil er Parolen und Phrasen "nachplappert" die er gar nicht versteht. Das Erschreckende an solch dummen Leuten ist, wie bereits Hannah Arendt in ihrem Buch über Adolf Eichmann erkannt hat, dass sie gerade deshalb imstande sind Menschen zu quälen und zu töten, weil sie sich selbst keinerlei Verantwortung bewusst sind und Autoritäten wie Hitler zum Beispiel, blind vertrauen und glauben. Deshalb plädiert Bonhoeffer dafür, nur Gott wirklich zu vertrauen. Bonhoeffer setzt sich sehr mit "Menschlichkeit" auseinander und erzählt viel über seine Einstellung zu den inneren Beweggründen der Menschen, wie diese Leid oder Freude schaffen und schlägt aus eigener Erfahrung einiges zur Linderung ihrer inneren Sorgen vor. Er zitiert immer wieder große bekannte und unbekannte Schriftsteller und Philosophen wie Kant, Hegel, Ortega y Gasset, Stifter, Keller, Spinoza, die er in der Zelle liest und gedanklich bearbeitet. Gut gefallen haben mir seine stets begründeten Gedankenketten. Man merkt regelrecht, wie Bonhoeffer selbständig denkt, ohne irgendwelche Phrasen aneinander zu reihen. Er behandelt ein Problem, wie die Definition von "Wahrheit" zum Beispiel, sehr sachlich und tiefgründig zugleich.Insgesamt erhält man durch das Lesen dieses Buches einen Einblick in das Denken und Fühlen eines hoch gebildeten, an Gott glaubenden Menschen.Wirklich gut gefallen hat mir der Umstand, dass Bonhoeffer bis zum Schluss versucht hat, das Beste aus seiner Situation zu machen. Es gab viele Inhaftierte, die in der Gefangenschaft verzweifelten oder roh wurden. Nicht jedoch Bonhoeffer, bis zum Schluss lebte er würde- und verantwortungsvoll sein Leben. Tragisch jedoch war, dass er bis zum Schluss gehofft hat, aus der Haft entlassen zu werden und Pläne für die Zeit nach der Haft schmiedete, die nicht mehr zur Verwirklichung gelangten.Hier noch ein paar Stellen aus dem Buch, die mich sehr angesprochen haben:Die Macht der einen braucht die Dummheit der anderen. Der Vorgang ist dabei nicht der, dass bestimmte - also etwas intellektuelle - Anlagen des Menschen plötzlich verkümmern oder ausfallen, sondern dass unter dem überwältigenden Eindruck der Machtentfaltung dem Menschen seine innere Selbständigkeit geraubt wird und dass dieser nun - mehr oder weniger unbewusst - darauf verzichtet, zu den sich ergebenden Lebenslagen ein eigenes Verhalten zu finden. Dass der Dumme oft bockig ist, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass er nicht selbständig ist. Man spürt es geradezu im Gespräch mit ihm, dass man es gar nicht mit ihm selbst, mit ihm persönlich, sondern mit über ihn mächtig gewordenen Schlagworten, Parolen etc. zu tun hat. Er ist in einem Banne, er ist verblendet, er ist in seinem eigenen Wesen missbraucht, misshandelt. So zum willenlosen Instrument geworden, wird der Dumme auch zu allem Bösen fähig sein und zugleich unfähig, dies als Böses zu erkennen. Hier liegt die Gefahr eines diabolischen Missbrauches, dadurch werden Menschen für immer zugrunde gerichtet werden können.Das Wort der Bibel, dass die Furcht Gottes der Anfang der Weisheit sei, sagt, dass die innere Befreiung des Menschen zum verantwortlichen Leben vor Gott die einzige wirkliche Überwindung der Dummheit ist.Es wird wirklich darauf ankommen, ob Machthaber sich mehr von der Dummheit oder von der inneren Selbständigkeit und Klugheit der Menschen versprechen.Wir müssen lernen, die Menschen weniger auf das, was sie tun und unterlassen, als auf das, was sie erleiden, anzusehen.Kulturell bedeutet das Qualitätserlebnis die Rückkehr von Zeitung und Radio zum Buch, von der Hast zur Muße und Stille, von der Zerstreuung zur Sammlung, von der Sensation zur Besinnung, vom Virtuosen-ideal zur Kunst, vom Snobismus zur Bescheidenheit, von der Maßlosigkeit zum Maß.Ob vielleicht - so scheint es heute fast - der Begriff der Kirche es ist, von dem aus allein das Verständnis für den Spielraum der Freiheit (Kunst, Bildung, Freundschaft, Spiel) wieder zu gewinnen ist? Also die "Ästhetische Existenz" (Kierkegaard) gerade nicht aus dem Bereich der Kirche zu verweisen, sondern gerade in ihr neu zu begründen wäre? Ich glaube das eigentlich, und der Anschluss an das Mittelalter würde auch von hier aus neu gewonnen werden! Wer kann denn z.B. in unseren Zeiten noch unbeschwert Musik oder Freundschaft pflegen, spielen und sich freuen? Sicher nicht der "ethische" Mensch, sondern nur der Christ.Es ist unendlich viel leichter, im Gehorsam gegen einen menschlichen Befehl zu leiden als in der Freiheit eigenster verantwortlicher Tat. Es ist unendlich viel leichter, in Gemeinschaft zu leiden als in Einsamkeit. Es ist unendlich viel leichter, öffentlich und unter Ehren zu leiden als abseits und in Schanden. Es ist unendlich viel leichter, durch den Einsatz des leiblichen Lebens zu leiden als durch den Geist.Uns bleibt nur der sehr schmale und manchmal kaum noch zu findende Weg, jeden Tag zu nehmen, als wäre er der letzte, und doch in Glauben und Verantwortung so zu leben, als gäbe es noch eine große Zukunft.Wir müssen einfach warten und warten, wir müssen an der Trennung unsäglich leiden, wir müssen Sehnsucht empfinden fast bis zum Krank werden - und nur dadurch halten wir die Gemeinschaft mit den Menschen, die wir lieben aufrecht, wenn auch auf eine sehr schmerzhafte Weise.Etwas, was mir bei mir selbst und bei anderen immer wieder rätselhaft ist, ist die Vergesslichkeit in Bezug auf die Eindrücke während einer Bombennacht. Schon wenige Minuten danach ist fast alles von dem, was man vorher gedacht hat, wie weggeblasen. Bei Luther genügte ein Blitzschlag, um seinem ganzen Leben auf Jahre hinaus eine Wendung zu geben. Wo ist dieses "Gedächtnis" heute? Ist nicht der Verlust dieses "moralischen Gedächtnisses" - scheußliches Wort! - der Grund für den Ruin aller Bindungen, der Liebe, der Ehe, der Freundschaft, der Treue? Nichts haftet, nichts sitzt fest. Alles ist kurzfristig, kurzatmig. Aber die Güter der Gerechtigkeit, der Wahrheit, der Schönheit, alle großen Leistungen überhaupt brauchen Zeit, Beständigkeit, "Gedächtnis", oder sie degenerieren. Wer nicht eine Vergangenheit zu verantworten und eine Zukunft zu gestalten gesonnen ist, der ist "vergesslich", und ich weiß nicht, wo man einen solchen packen, stellen, zur Besinnung bringen kann. Denn auch jedes Wort, wenn es auch im Augenblick beeindruckt, verfällt der Vergesslichkeit.Jeremia 45 lässt mich nicht mehr los. .... Auch hier ein - notwendiges - Lebensfragment - "aber Deine Seele will ich dir zur Beute geben".Wünsche, an die wir uns zu sehr klammern, rauben uns leicht etwas von dem, was wir sein sollen und können. Wünsche, die wir um der gegenwärtigen Aufgabe willen immer wieder überwinden, machen uns - umgekehrt - reicher.Sokrates überwand das Sterben. Christus überwand den Tod.Ich beobachte hier immer wieder, dass es so wenige Menschen gibt, die viele Dinge gleichzeitig in sich beherbergen können; wenn Flieger kommen, sind sie nur Angst; wenn es was Gutes zu essen gibt, sind sie nur Gier; wenn ihnen ein Wunsch fehlschlägt, sind sie nur verzweifelt; wenn etwas gelingt, sehen sie nichts anderes mehr. Sie gehen an der Fülle des Lebens und an der Ganzheit einer eigenen Existenz vorbei; alles Objektive und Subjektive löst sich für sie in Bruchstücke auf.In dem, was wir erkennen, sollen wir Gott finden, nicht aber in dem, was wir nicht erkennen; nicht in den ungelösten, sondern in den gelösten Fragen will Gott von uns begriffen sein. Das gilt für das Verhältnis von Gott und wissenschaftlicher Erkenntnis. Aber es gilt auch für die allgemein menschlichen Fragen von Tod, Leiden und Schuld. [...] nicht erst an den Grenzen unserer Möglichkeiten, sondern mitten im Leben muss Gott erkannt werden; im Leben und nicht erst im Sterben, in Gesundheit und Kraft und nicht erst im Leiden, im Handeln und nicht erst in der Sünde will Gott erkannt werden.
10 von 11 Kunden fanden die folgende Rezension hilfreich.
Immer noch aktuell
Von Hans G. Nutzinger
Auch sechs Jahrzehnte nach dem ersten Erscheinen ist Dietrich Bonhoeffers "Widerstand und Ergebung" - seine nachgelassenen Reflexionen über Haft, Verfolgung und die Möglichkeiten christlichen Lebens unter den Bedingungen der Nazi-Diktatur aus den Jahren 1942-1945 - unverändert aktuell. Selbst wenn die notwendige Rücksicht Bonhoeffers auf die Bedingungen der Gefängniszensur unübersehbar ist, zeigt sich doch sein beeindruckender Wille, dem menschenverachtenden Denk- und Zwangssystem des Nationalsozialismus das Gegenbild einer christlich geprägten Vorstellung von Menschenwürde entgegenzusetzen. Das Hauptgewicht liegt dabei in protestantischer Tradition im Bereich der Individualethik; systemische Gesichtspunkte kommen weniger stark zum Ausdruck. Bonhoeffers Leben und Sterben zeigen aber deutlich, wie wichtig institutionelle Vorkehrungen gegen Machtmissbrauch sind: ein System, in dem man zum Märtyrer wird, wenn man nur versucht, konsequent anständig zu sein, sollte von vornherein verhindert werden, denn wenn es zur Herrschaft gelangt ist, erfordert es nahezu übermenschliche Kräfte - und, wie im vorliegenden Falle, oft der militärischen Bekämpfung von außen -, damit es in die notwendigen (und von diesem Gewaltsystem eben nicht akzeptierten) Schranken gewiesen werden kann.
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