Produktinformation
- Amazon-Verkaufsrang: #618158 in Bücher
- Veröffentlicht am: 1988
- Einband: Gebundene Ausgabe
- 560 Seiten
Kundenrezensionen
Hilfreichste Kundenrezensionen
12 von 12 Kunden fanden die folgende Rezension hilfreich.
Ein Licht im Dunkel!
Von A. Schwab
Das Bewusstsein vom Problem des Bewusstseins ist so alt wie das Bewusstsein selbst. Über die gesamte Philosophie- und Medizingeschichte erstreckt sich dieses Rätsel, mit unzähligen Versuchen hat man es zu lösen versucht, Theorien und Hypothesen entwickelt und wieder verworfen. Ein seltsames Paradox haftet ihm an. Je oberflächlicher man sich mit ihm beschäftigt, desto sicherer seine Existenz, je genauer man es aufzuspüren versucht desto nebulöser wird es.
Einen höchst gelehrten und spannend zu lesenden Versuch der Annäherung, die der bikameralen Psyche, ist nach Julien Jaynes eine Vorbewusste Mentalität, die den Menschen und dessen Sozialstruktur bis ins 4te Jahrtausend v. Chr. auszeichnete. Es ist ein Handeln vollständig ohne Bewusstsein, ein Handeln allerdings, das uns auch heute noch vertraut ist, denn das meiste was wir tun, tun wir ohne Bewusstsein. Der dann in prähistorischer Zeit stattgefundene Zusammenbruch der bikameralen Psyche, und das Aufkommen eines neuen 'Selbst-Bewusstseins', ergab sich aus dem weiteren Verlauf einer sich beschleunigenden kulturellen und sozialen Entwicklung.
Für diese vorgestellte phantastisch anmutende These trägt Julian Jaynes ein riesiges und überzeugendes, wenngleich im Detail nicht immer überprüfbares Beweismaterial zusammen. Dabei erweist sich Jaynes als ein Wissenschaftler, der sowohl kulturhistorisch als auch naturwissenschaftlich höchst kompetent erscheint. In seiner Indizienkette verlässt er sich auf vier verschiedene Stränge: die Hirnphysiologie, die Evolutionstheorie, den Behaviorismus und die Geschichte der Frühkultur in Mesopotamien und Griechenland.
Seine Schlüsse sind nie gewagt in dem Sinne, dass sie Argumentationslücken mit willentlich herangezogenen Hypothesen füllen. Sie sind plausibel. Julian Jaynes argumentiert auf dem sicheren Fundament eines enormen Wissens auf den verschiedenen Gebieten. Seine Belege sind einsichtig, seine Deutungen der verschiedenen Schriften am Anfang unserer Kultur gelegentlich überraschend, doch nie überstrapaziert oder gar gewalttätig. Spekulationen werden als solche kenntlich gemacht, wobei deren Notwendigkeit stets begründet wird.
Meine Meinung: Auch wenn man den Thesen von Julian Jaynes nicht in allen Punkten zustimmen mag, so wie ich es tue, der Faszination dieser Psychohistorie wird man sich nicht entziehen können.
11 von 11 Kunden fanden die folgende Rezension hilfreich.
Ein Buch, bei dem einem Hören und Sehen vergeht
Von Ein Kunde
Julian Jaynes, der durchdrungen ist von seiner Idee, daß die Menschen bis etwa 2000 vor Christus eine ganz andere (bikamerale) Mentalität hatten, als wir Jetzigen, hat über das menschliche Bewußtsein, Denken und Handeln der vergangenen 4000 Jahre ein Buch geschrieben, daß so fesselnd ist, wie ein Krimi. Der Titel hört sich kompliziert an, das Buch ist es nicht. Es gibt Aufschluß über die Kulturen der Griechen, Inkas, Ägypter, Assyrer, Mesopotamier und zeigt auf, warum sie untergingen, und was wir heute noch mit diesen Kulturen gemeinsam haben. Und was nicht. Wer sich für Geschichte, Biologie, Medizin und Menschsein interessiert, bekommt hier ohne Ende Stoff zum Nachdenken.
9 von 9 Kunden fanden die folgende Rezension hilfreich.
Faszinierende Theorie zur Entstehung des Bewußtseins
Von Ein Kunde
Beschäftigt man sich mit dem Ursprung und der Entwicklung des Bewußtseins, so ist es sinnvoll, die Evolution der materiellen Trägersubstanz, des neurophysiologischen Substrats, deutlich abzugrenzen von der Entstehungsgeschichte des Bewußtseins selber. Denn während jene nur in biologisch-neurologischen Kategorien zu beschreiben ist, muß diese auch unter historisch-kulturellen Aspekten betrachtet werden. Der amerikanische Psychologe Julian Jaynes hat in seinem Buch "Der Ursprung des Bewußtseins durch den Zusammenbruch der bikameralen Psyche" eine Darstellung zur Entstehungsgeschichte des Bewußtseins vorgelegt, die die Mentalität des heutigen, mit einem subjektiven Bewußtsein ausgestatteten Menschen ausschließlich als erlerntes, kulturelles Befähigungspotential auffaßt. Er betrachtet das subjektive Bewußtsein demzufolge nicht als genetisch festgelegtes, unabänderliches Merkmal, sondern als Produkt kultureller Verhältnisse, wobei vor allem die Sozialstruktur und die Sprachentwicklung von zentraler Bedeutung sind. Tiefgreifende Mentalitätsveränderungen in der Menschheitsgeschichte sind, so Jaynes' These, ohne evolutionären Wandel der Hirnstruktur möglich. Dies sei der Plastizität des Gehirns sowie der multiplen Steuerung von psychischen Funktionen zu verdanken. Die Entstehung des den heutigen Menschen auszeichnenden subjektiven, reflexiven Bewußtseins aus einer früheren, sehr rigiden Mentalität - Jaynes nennt sie die bikamerale Psyche - sei ein solcher, auf kultureller Entwicklung beruhender Mentalitätswandel gewesen, der entsprechende Veränderungen in der Hirnorganisation mit sich gebracht habe - und zwar ohne daß eine biologische Evolution des Gehirns dabei eine maßgebliche Rolle gespielt habe. Die Plastizität des Gehirns erlaube eben unterschiedliche zerebrale Organisationsformen, d.h. unterschiedliche Mentalitäten. Daher seien auch partielle Rückfälle in frühere Stufen der psychischen Verfassung möglich. So interpretiert Jaynes zum Beispiel die Schizophrenie und hypnotische Zustände als solche partiellen Rückfälle in eine bikamerale, d.h. auf der Zweiteilung des menschlichen Gehirns beruhende, psychische Verfassung. Jaynes' Theorie der Entwicklung des reflexiven Bewußtseins fasziniert nicht nur durch ihre Neuartigkeit und Originalität, sondern auch durch die Konsistenz der Argumentation und durch die Einbeziehung eines ungeheuren Reichtums an psychologischen, neurologischen, philosophischen, historischen und literatur- bzw. kunstgeschichtlichen Detailkenntnissen. Zudem ist das Buch äußerst verständlich geschrieben und daher auch ohne einschlägige Vorkenntnisse in den genannten Disziplinen für jedermann gut nachvollziehbar. (Dies ist eine Amazon.de an der Uni-Studentenrezension.)
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