Produktinformation
- Veröffentlicht am: 1998
- Einband: Gebundene Ausgabe
- 45 Seiten
Kundenrezensionen
Hilfreichste Kundenrezensionen
13 von 13 Kunden fanden die folgende Rezension hilfreich.Märchen ohne Happy - End
Von Ein Kunde
Ludwig Tieck, Der blonde Eckbert (1797)
Der blonde Eckbert ist ein kurzer Text. Er erschien im Übergang von der Aufklärung zur Romantik. Für einen Text dieser Zeit ist er schon recht „romantisch" geschrieben. Er enthält typische Merkmale dieser Epoche wie eine starke Bedeutungsverschiebung zum Unwirklichen, die Ausgeprägtheit des Naturempfindens und eine starke Emotionalität der einzelnen Charaktere, die sich vor allem in den sehr ausführlichen Schilderungen der Gefühle äussert. Der Text an sich ist ein Märchen, denn Tieck macht nicht nur von der Wirklichkeit Gebrauch. Das merkt man bereits an den Figuren, die Tieck verwendet. Zum einen sind dies der singende Vogel und die hexenhafte alte Frau. Der strenge Vater repräsentiert die in den Märchen oft grausame Stiefmutter. In diesem Text kommt der Natur eine grosse Bedeutung zu. Sie ist nicht bloss eine Kulisse, sondern sie beeinflusst den Menschen in seinem Tun. Tieck beschreibt diese deshalb sehr genau und lässt sie für den Leser lebendig machen. Der blonde Eckbert ist ein Ritter, der mit seiner Frau Bertha auf einer Burg im Harz lebt und nur von seinem Freund Walther besucht wird. Eines Tages erzählt Bertha in dessen Gegenwart von ihren Aufenthalt als Vierzehnjährige bei einer weisen Frau in der „Waldeinsamkeit" mit magischen Tieren, die sie schuldhaft verliess. Als Walther beiläufig den Bertha entfallenen Namen des Hündchens nennt, ist es um die Ruhe des Paares geschehen. Bertha stirbt und Eckbert tötet Walther im Wald. Er erkennt danach in jedem menschlichen Gesichtszug den Ermordeten und gelangt schliesslich zu der weisen Frau , die all die Gestalten angenommen hatte und Eckbert sagt, dass Bertha seine Schwester war. Diese Märchen ist typisch romantisch, denn man bemerkt während des Lesens eine starke Verschiebung des Wirklichen zum Unwirklichen. Am Anfang scheinen Traum und Wirklichkeit noch unterschieden zu sein. Sobald der Name „Strohmian" (Der Name des Hundes) fällt, ist keine Grenze mehr erkennbar. Die Wirklichkeit verschwindet am Schluss ganz. Wie bereits angedeutet kommt das romantische Naturempfinden stark zum Ausdruck. Tieck schildert sie fast schwärmerisch und meines Erachtens sehr ausgeschmückt. Doch dies gehört dazu, denn Märchen leben von diesen bildhaften Beschreibungen des Geschehens. Sobald das Märchen aber zum Unwirklichen übergeht, verschwindet diese Bildhaftigkeit und Tieck geht auf Distanz zur Natur und beschreibt mehr die Stimmung der einzelnen Personen. Ich empfinde das unmittelbare Hineinragen des Wunderbaren in die gewöhnliche, natürliche Wirklichkeit als eine grauenvolle Unsicherheit, als eine Verwirrung. Diese Verwirrung kommt erst am Schluss zum Ausdruck, wenn man sich Gedanken über den Text macht und denkt: Was will Tieck mit diesem Text eigentlich sagen. Vorher bemerkte ich diese Verwirrung nicht, weil der Text die einzelnen Gedankenschritte voneinander trennt, es finden keine Handlungssprünge statt. Jeder Abschnitt knüpft an den vorangehenden an. Am Schluss aber lässt der Text der Interpretation freien Lauf. Ich habe das Buch weggelegt und mich gefragt, was das Ganze sollte. Kein Erläuterungsversuch einer einzelnen Stelle passt zum Ganzen. Ich habe beim letzten Satz den Eindruck, dass alles sich gegenseitig aufhebt. Warum bestraft die Alte Eckbert ? War es nicht Bertha, die die Edelsteine gestohlen hat. Vielleicht ist Eckberts Leben nur ein Traum Berthas? Ich kann die einzelnen Fragen nicht rational beantworten, weil keine logischen Zusammenhänge erkennbar sind. Damit zeigt sich stark die Gegensätzlichkeit zur Aufklärung, die sich durch ein stark reälitätsbezogenes und rationalistisches Denken auszeichnete. Die Romantik mit ihrer sentimentalen Denkweise, ist also quasi die Gegenströmung zur Aufklärung. Man benutzt die Seele, nicht den Verstand. Der Text ist einmal etwas anderes. Grundzüge eines Märchens sind vorhanden, entsprechen aber nicht der normalen „märchentypischen" Schreibweise, denn das Märchen endet nicht mit einem Happy-End, sondern mit dem Wahnsinn Eckberts. Dieser Text ist sicher nicht jedermanns Sache. Wer aber einmal etwas Spezielles lesen will, dem kann ich dieses „Märchen" nur empfehlen. Zum Lesen ist der Text nicht schwer, da die Wortwahl und die Sätze keine grossen Schwierigkeiten bereiteten. Auch macht Tieck viele Abschnitte, um die einzelnen Textpassagen voneinander zu trennen.
Gian-Reto Abbühl, Kantonsschule Chur
9 von 10 Kunden fanden die folgende Rezension hilfreich.der blonde eckbert, ein zeitloses kunstmärchen
Von Ein Kunde
schulbedingt wollte ich die geschichte nur kurz anlesen, doch schon nach den ersten sätzen, war ich überrascht, wie gut es sich lesen lässt, keine spur von aufgebauschter ausdrucksweise. später fesselte mich die handlung, sodass ich das buch nicht mehr aus der hand legen konnte, ehe ich den blonden eckbert zuende gelesen hatte. das ende kommt unerwartet und noch unerwarteter ist der gesamte ausgang! sehr empfehlenswert, da es wirklich zeitlos ist und die "moral" immernoch aktuell ist.
ich hätte es auch außerhalb der schule gern gelesen.
1 von 1 Kunden fanden die folgende Rezension hilfreich.Zwei unvollkommen Liebende
Von Diethelm Thom
Tieck, Ludwig (1773-1853), Der blonde Eckbert, Ein Märchen (Romantik, Hg. B.v.Wiese)Rahmenhandlung: Der Ritter Eckbert, 40 Jahre, zurückgezogen lebend, gewinnt Walter, einen Naturforscher, zum Freund. Eckbert möchte sich ihm ganz anvertrauen und bittet seine Frau Berta, Walter ihre Geschichte von ihrer Jugend zu erzählen.Bertas Geschichte: Als Kind wurde sie von ihrem vermeintlichen Vater, einem Hirten, wegen seiner Armut grausam behandelt, so dass sie in die Wildnis entfloh. Dort kam sie in das Haus einer hexenähnlichen Alten, die dort mit ihrem Hund und ihrem sprechenden Vogel lebte, der überdies noch Perlen in seinen Eiern hatte, die er regelmäßig legte. Die Alte wies das Mädchen in der Hauswirtschaft an, und sie zeigte sich gelehrig und erlebte eine glückliche Kindheit in der Abgeschiedenheit.Mit 14 wollte sie das erleben, was sie in den Büchern gelesen hatte: einen schönen Ritter treffen. Sie band den Hund im Zimmer fest, nahm den Vogel mit dem Käfig und einen Teil der Edelsteine mit und zog in die Stadt, wo sie eben Eckbert heiratete.Fortsetzung der Rahmenhandlung: Da Walter nun weniger häufig zu kommen schien, wurde Eckbert zunehmend von Misstrauen gequält und Berta wurde sterbenskrank: Walter kannte den Namen des Hundes, der ihr entfallen war - "Strohmian".. Eckbert ermordet Walter und als er nach Hause kommt, ist Berta schon gestorben.Nach ihrem Tod sucht Eckbert erneut die Freundschaft eines Ritters: Hugo - und vertraut ihm schließlich die ganze Geschichte wiederum an. Da sich dieser daraufhin sonderbar zu benehmen und Walters Züge anzunehmen scheint, stürzt E. halb wahnsinnig davon und in die Wildnis hinaus. Überall scheint er Walter zu treffen, bis er zu der Hütte der Alten gelangt und von der Alten erfährt, dass dies die Strafe für Bertas Betrug sei, ihre "Probezeit" sei schon fast vorbei gewesen, als sie es nicht mehr bei ihr aushielt. Berta sei überdies seine Schwester, die uneheliche Tochter seines Vaters, die er bei einem Hirten erziehen ließ. Letzter Satz: "Eckbert lag wahnsinnig und verscheidend auf dem Boden; dumpf und verworren hörte er die Alte sprechen, den Hund bellen und den Vogel sein Lied wiederholen." (61)Deutungsversuch: Bertas Geschichte scheint zunächst eine Allegorie auf den Lebensweg eines Menschen zu sein, der seinen Fantasien folgend die Gesetze der Sitte verletzt. Sie bringt Unheil über sich und ihren Lebensgefährten.Dieser ist indessen auch selbst schuldig geworden, indem er nicht Genüge an seinem Glück mit Berta fand, sondern dieses Glück einem Außenstehenden mitteilen musste. Die Ursache scheint eine ungenügende Liebesfähigkeit zu sein, zu wenig Hingabe und Vertrauen - was sich ja dann in seinem Verhalten den Freunden gegenüber zeigt und ihn schließlich ins Verderben treibt. Rätselhaft ist allerdings, dass Bertas Schuld mit Eckberts verbunden ist (sie ist ja auch seine "Schwester", also wie er falsch disponiert und daraufhin sind sie in unseliger Gemeinschaft aneinander gebunden) - ist ihr Bruch des Sittengesetzes vielleicht das Korrelat für seine mangelnde Liebe, kann er sie nicht vollkommen lieben, so wie sie ihn durch Untreue erworben hat? Eckberts Erklärung, was ihn an Berta gereizt habe, könnte man so verstehen: Es seien ihre Jugend und Schönheit gewesen, ihre einsame Erziehung habe ihr "einen unbegreiflichen Reiz" (55) gegeben, durch ihr Vermögen (unrecht erworben!) sei er zu seinem Wohlstand gekommen. Wenn man nach einem ursächlichen Zusammenhang sucht, kann man diese Erklärung in der Tat so deuten, dass es mehr seine Fantasien und äußerliche Reize waren, keine echte Liebe, was Eckbert mit Berta verband. Oder auf eine einfache Formel gebracht: Berta und Eckbert waren unvollkommen Liebende: Sie war ihren Fantasien zu voreilig gefolgt, er war, sich selbst auch zu wenig kennend und nicht zur tiefen Liebe fähig, den Reizen ihrer Gestalt, ihrer Aura und ihrem Wohlstand erlegen.
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