Thursday, January 24, 2013

~+ Handbuch der Psychotraumatologie






Produktinformation

  • Amazon-Verkaufsrang: #193943 in Bücher
  • Veröffentlicht am: 2011-09
  • Einband: Gebundene Ausgabe
  • 776 Seiten

Kundenrezensionen

Hilfreichste Kundenrezensionen

9 von 9 Kunden fanden die folgende Rezension hilfreich.
4Gut aber kein Referenzwerk
Von Harald Eisenberg
Der erste Eindruck, wenn man das gewichtige Werk in Händen hält: Viel Buch für relativ wenig Geld. Ein Eindruck, der sich auch beim vertiefenden Lesen bestätigt. Zunächst also das Lob: Es ist den Autoren an vielen Stellen gelungen, komplexe Themen auf - zumindest studierten Lesern - verständliche Formulierungen herunterzubrechen, ohne zu starke Vereinfachungen zu machen. Dass viele Artikel nur einen Einstieg bieten können zeigt bei dem Umfang des Buches, wie breit und komplex dieses Themengebiet angelegt ist. Der Einstieg durch das Buch ermöglicht in beispielhafter Weise, die grundlegende Ansätze und Ideen soweit zu verstehen, dass man entscheiden kann, an welchen Stellen man das Interesse vertiefen möchte. Naturgemäß erreicht ein Überblick an vielen Stellen nicht die Erklärungstiefe, die vom Beschreiben zum Verstehen führt.Auf der anderen Seite fehlen in dem Buch wichtige neuere Entwicklungen und Ansätze. Vielleicht liegt die Schwäche des Buches in dem stark akademischen Betrachtungswinkel, der bestimmte Methoden ausschließt, die sich dem akademischen Denken (bisher) nur schwer erschließen.So wird psychisches Trauma insgesamt als störungswertig, als "Krankheit" dargestellt. Jedoch ist es sowohl für das Selbstverständnis der Patienten wie auch für den Behandlungsansatz des Therapeuten fundamental wichtig, Traumareaktionen zu verstehen, zu benennen und behandeln als hochspezifische, hocheffiziente biologische Antworten auf Extremsituationen, also als Potential und Ressourcen, als biologisch bewährte Überlebensmittel. Sie sind Lösungsansätze, nicht das Problem; das Problem liegt in ihrem Überdauern über die Situation hinaus. So kann die defizitäre Selbsteinschätzung von Betroffenen sich in eine "normalisierende" und ressourcenorientierte Betrachtungsweise wandeln.Zentraler Kritikpunkt: Es fehlt die Einbindung von Methoden, die mit psychophysischer Regulation arbeiten, die also "die Sprache des Traumas" sprechen, denn Trauma findet in seiner Wurzel im Körper statt, in komplexen Aktivierungsmustern von Nervensystem, Physiologie und Verhalten. Ansätze, die mit Sensomotorischer Integration, Sensorimotorischer Psychotherapie oder psychophysiologischer Regulation arbeiten (verschiedene Namensgebungen desselben Ansatzes) sind überhaupt nicht vertreten (Pat Ogden, Peter Levine, Babette Rothschild, Robert Scaer). Wenn man sieht, dass in dem Buch auf der anderen Seite Randthemen einiger Raum gegeben wird, so muss man schon einen aktiven Ausschluss dieser Methoden im Konzept des Buches annehmen. Es hat eine Tragik, dass gerade jene Methoden, die in der Sprache des Körpers an der Wurzel traumatischer Reaktionen zur wirklichen Auflösung von Traumafolgereaktionen führen können, keine Erwähnung finden. Aus meiner Sicht liegt hier die Zukunft der Trauma-Arbeit und somit ein großes Manko des Buches.Auch Methoden, welche die regulative Kraft des einzelnen Menschen über das Gruppenerleben und die Natur erweitern, habe ich nicht vorgefunden. Ein solcher Ansatz wird von Anngwyn St. Just ausführlich dargestellt. Ähnlich der Achtsamkeit ist es kein "neuerfundenes" Konzept und findet sich folkloristisch in den Nachkriegs-Immenhof-Filmen oder aktueller etwa in dem heißdiskutierten Alm-Projekt von Gerald Hüther für ADS-Kinder wieder.Die neurobiologische Erforschung von "Achtsamkeit", zur Zeit zugegebenermaßen fast schon ein Modetrend, der droht als Allheilmittel überzogen zu werden, findet nicht genügend Repräsentanz. Auch wenn Achtsamkeit nicht die Bearbeitung von Trauma ersetzen kann, so macht der Aufbau verbesserter Selbstregulation und erweiterten Containments viele Verarbeitungsprozesse überhaupt erst möglich, es geht also um eine Basiskompetenz, nicht nur im Bereich der Traumatherapie.In Zusammenhang mit ebenfalls fehlenden Ansätzen interpersonaler Regulation seien hier die Stichworte Spiegelneuronen und Sozialer Vagus (Stephen Porges) genannt, zentrale und sehr wirksame Arbeitsmittel für die therapeutische Arbeit mit Trauma. (Daniel Siegel, Peter Levine, Marianne Bentzen).Dagegen finden sich relativ ausführliche Kapitel über Methoden, die originär keinen traumatherapeutischen Zugang und kein traumatherapeutisches Grundkonzept besitzen, sondern versucht haben, dieses Arbeitsgebiet mehr oder häufig weniger stimmig in ihre bestehenden Konzepte zu integrieren. In der Praxis überzeugen diese Versuche in der Regel nicht. Als sinnvoller erweisen sich rein traumatherapeutische Zugänge wie von Reddemann, Huber, Levine, van der Kolk, in denen deutlich wird, dass Traumafolgen eine spezifische, sich von normaler psychotherapeutischer Arbeit deutlich unterscheidende Herangehensweise benötigen, da "normale" Psychotherapie verschlimmernd wirken kann.In dem Artikel über Geschlechterunterschiede hätte ich gern etwas gelesen über "tend-and-befriend" im Unterschied zu "fight-flight-freeze" und im Artikel über Autounfälle gab es aus meiner Sicht erhebliche Schwächen und Mängel, so wurde das wichtige Thema Beschleunigungstrauma (whiplash-syndrome, sogenanntes "Schleudertrauma") gerade mal in einem Halbsatz erwähnt. Vielleicht zeigt sich in diesem Artikel auch besonders deutlich die Gesamttendenz der immer noch weitverbreiteten künstlichen und das Verständnis begrenzenden Trennung zwischen "psychischem Trauma" und "körperlichem Trauma".Überrepräsentiert ist dagegen die pharmakologische Schiene. Es gibt keine pharmakologische Behandlung von Trauma. Die mir bekannten Behandler, die tatsächlich therapeutisch - und nicht nur verwaltend - mit Traumapatienten arbeiten, vertreten aufgrund ihrer Erfahrungen durchgängig die Ansicht, dass Psychopharmaka nur in Krisensituationen stabilisierend und kurzfristig eingesetzt werden sollten und dass ein längerer Gebrauch, falls er nicht vermieden werden kann, das Containment und die Verarbeitungsfähigkeit des Patienten deutlich schwächt, also den Zielen der Traumatherapie entgegenwirkt, von den Nebenwirkungen einmal abgesehen.Zusammenfassend ist dieses Buch in dem, was aufgenommen wurde, in weiten Teilen hervorragend, wird aber durch Fehlen wichtiger Entwicklungen und Themen dem Anspruch und Wunsch eines "Referenzwerkes", einen ausgewogenen und umfassenden Überblick über ein ganzes Fachgebiet zu geben, leider nicht gerecht - daher meine Bewertung mit nur vier Punkten.

6 von 7 Kunden fanden die folgende Rezension hilfreich.
5komplexes Referenzwerk - ausgesprochen hintergrundreich!
Von Detlef Rüsch
Dieses Buch wird zunächst vielleicht abschrecken, da es so schwer, seitenstark und in manchen Passagen nicht immer leicht zu lesen ist. Wer sich jedoch mit Traumatisierungen, Traumatherapie und -pädagogik schon etwas näher befasst hat, wird hier einen wahren Fundus an ausgesprochen intesiv recherchierten, wissenschaftlich fundierten und praxisrelevanten Beiträgen finden.Dieses Werk setzt sich intensiv mit den unterschiedlichsten Fragen der Psychotraumatologie auseinander. Dabei kommen hier renommierte Autoren/-innen zu Wort, die grundlegende Informationen geben für alle Berufsgruppen und Organisationen, die sich mit den diversen Aspekten der Psychotraumatologie befassen. Die Herausgeber Günter H. Seidler, Harald J. Freyberger und Andreas Maercker haben für diesen über 750 Seiten starken Band eine breite Palette an Forschern/-innen und Praktiker/-innen gewonnen, die deutschlandweit und darüber hinaus tätig sind und verschiedene fachliche und berufliche Hintergründe aufweisen. Bei dem ausführlichen Autoren/-innen-Verzeichnis sind nciht nur die fachlichen Hintergründe und der derzeitige Tätigkeitsschwerpunkt aufgeführt, sondern es gibt zudem die Möglichkeit, über email in Kontakt zu treten. Ein kleiner Mangel an dem Werk ist leider, dass viele Fachbegriffe genutzt werden, die nicht noch einmal durch ein Glossar beschrieben werden. Hier wäre es ein guter Service gewesen, einige Begriffe genauer darzustellen. Dafür hat man aber wenigstens ein Stichwortverzeichnis zur Verfügung (bei dem aber leider der Begriff "Traumapädagogik" fehlt) und hat nach jedem Kapitel eine Übersicht zur verwendeten Literatur.Bei den insgesamt 65 Kapiteln werden die unterschiedlichsten Themen aufgegriffen, wie z.B.: Definition und Beschreibung der Psychotraumatologie, Historische Entwicklung, Therapiemöglichkeiten, Traumatisierungen in bestimmten gesellschaftlichen und kulturellen Kontexten, Traumafolgestörungen in forensischen Kliniken sowie bei helfenden Berufen.Dabei ist es hillfreich, dass die Vielzahl an Kapiteln zu groberen Abschnitten zusammengefasst werden. So kann man sich aus den 8 Überkapiteln die relevanten Bereiche herausgreifen. Nach der Definition und Beschreibung der Psychotraumatologie sowie der Darstellung der Traumatheorie in den Hauptschulen der Psychotherapie wird Traumatisierung in Zusammenhang mit unterschiedlichen Krankheitsbildern gebracht, ehe spezifische Ereignisfolgen und Traumata in bestimmten Lebensphasen sowie in gesellschaftlichen und kullturellen Kontexten aufgegriffen werden. Im vorletzten Abschnitt werden dann auf über 100 Seiten diverse therapeutische Möglichkeiten (Ego-State-Therapie, EMDR, kognitive Verhaltenstherapie,...) erörtert, ehe in einem kurzen Abschnitt mit vier Beiträgen die Schnittstellen von Psychotraumatologie und Justiz beschrieben werden.Die einzelnen Beiträge sind von unterschiedlicher Länge und naturgemäß - bei über 70 (!) Autoren/-innen - von unterschiedlicher sprachlicher Qualität hinsichtlich der Verständlichkeit für nicht direkt im wissenschaftlichen Kontext stehenden Personen. Dennoch wird dieses Werk unerlässlich sein und gerade Fachleute in verantwortlichen Positionen hoffentlich darin überzeugen, psychotraumaspezifische Erkenntnisse stärker in Hilfs-, Beratungs- und Therapie-Settings einzubringen und die Voraussetzungen für eine adäquate Unterstützung und entsprechende Rahmenbedingungen bereitzustellen.Ein spannendes, komplexes Fachwerk, das durch eine Reihe an sorgfältig aufbereiteten Graphiken und einzelnen Fotos unterstützt wird.Ein Grundlagenband, dem eine weite Verbreitung in therapeutischen, psychologischen und auch pädagogischen Arbeitsfledern zu wünschen ist!

1 von 1 Kunden fanden die folgende Rezension hilfreich.
5Zeit für dieses reife Fachbuch
Von Frank Baßfeld
Die Zeit war reif, ein so umfassendes und fundiertes Fachbuch herauszugeben.Führende Experten aus Deutschland schreiben zu Ihren Spezialgebieten in der Psychotraumatologie. So ist ein Handbuch von beinahe 800 Seiten entstanden.Im sehr gut gegliederten Inhaltsverzeichnis werden acht thematische Gegenstandsfelder/Hauptkapitel aufgeführt und übersichtlich untergliedert. Im Gesamten dürfen ' 65 Kapitel gelesen werden. In den Hauptkapiteln erfährt der Leser differenziertes Fachwissen unter anderem zu folgenden thematischen Aspekten: Gedächtnis, Dissoziation, Theorien der Belastungsstörung, Resilienz, Holocaust, geschlechtsspezifische Aspekte, Traumatheorie in den unterschiedlichen Methoden der Psychotherapie, Krankheitsbilder, spezifische traumatische Ereignisse und die Folgen, Traumata in der Lebensspanne, Traumatisierungen in gesellschaftlichen und kulturellen Kontexten, Therapeutische Möglichkeiten (hier auch: Spiritualität, akute Krisenintervention, EMDR), Schnittstellen zur Justiz. Hochinteressant geht es innerhalb dem jeweiligen Hauptkapitel weiter. Die Spezialisierung der ca. 70 Autoren und die damit verbundene weitere thematische Differenzierungen werden über ca. 10 ' 15 Seiten ersichtlich und inhaltlich hervorragend gefüllt. Den Gedanken: 'Wieder etwas dazu gelernt' inwieweit auch immer, wird der Leser an vielen Stellen in den Unterkapiteln zu sich selbst sagen. Ein ausführliches Literaturverzeichnis schließt sich nach jedem Unterkapitel an. Einzelne Themen werden selbstverständlich mit Schaubildern - entsprechende wissenschaftliche Untersuchungen mit Statistiken belegt. In den letzten Zeilen des jeweiligen Unterkapitels, werden Fragen zum Thema aufgeworfen. Was kann verbessert werden, was sollte in der Zukunft verstärkt betrachtet und wissenschaftlich untersucht werden. Für jeden (zukünftigen) Profi jeglicher Spezialisierung ist in jedem Hauptkapitel etwas dabei, das seine fachliche Kompetenz erweitern und seine praktische Arbeit anregen wird.Eine Autorenübersicht mit Kontaktangaben und ein umfangreiches Stichwortverzeichnis runden in einer angenehmen Ausführlichkeit das thematisch 'schwere' Buch ab. Ein Glossar wird nicht aufgeführt.Was mich persönlich in der Art und Weise der Beschreibung ganz besonders angesprochen hat, finden Sie als Auswahl in folgenden Zeilen: Theorie der Furchtstruktur, strukturelle Dissoziation, besonders ausgeprägtes Fingerspitzengefühl bei systemischen Aufstellungen von Traumata ist unabdingbar, ausführliche Diagnostik, ausführliche Beschreibung der unterschiedlichen Psychotherapieverfahren, Nebenwirkungen der Traumatherapie, Opferschutzgesetz, körperliche Erkrankungen im Zusammenhang mit erlebtem (Kindheits-)Trauma, internationale Projekte bei akuten Großschäden, sexualisierte Gewalt gegen Frauen im Krieg, mehrdimensionales psychodynamisches Vorgehen als TherapeutIn, spirituelle/religiöse Rituale als Ressource, Interventionen in der Psychoonkologie. Alles in allem empfehle ich dieses Buch als anregendes Standardwerk. Das tiefergehende theoretische Verstehen und die praktische Anwendung im therapeutischen Berufsfeld wird durch dieses Werk 'erleichtert' :-).

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~+ Handbuch der Psychotraumatologie Reviewed by Lek on Thursday, January 24, 2013 Rating: 4.5

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